Einleitung
„Der Presseeinfluss auf die Masse ist der weitaus
stärkste und eindringlichste, da er nicht vorübergehend
sondern fortgesetzt zur Anwendung kommt“ Adolf Hitler, „ Mein
Kampf“
Medien und Kultur waren sowohl im inneren als auch im
äußeren System Hitlers von großer Wichtigkeit. Diese lag an
der Eigenschaft der beiden gewaltigen Machtinstrumente,
Menschenmassen zu beeinflussen, Feinde im Inneren des Landes
zu neutralisieren und Auslands Meinung über das Dritte Reich
zum Nützen der NSDAP
zu steuern. Durch das zum größten Teil sehr radikale Ausnutzen
des gigantischen Potenzials der Medien erreichten die
Nationalsozialisten in allen möglichen politischen und
gesellschaftlichen Bereichen ihre unmenschlichen Ziele, was
allerdings ohne diese Massenbeeinflussungswerkzeuge unmachbar
gewesen wäre.
Druckschriften ( Zeitungen und Zeitschriften) gehörten in
der Zeit des Dritten Reichs zu einer der beliebtesten und
günstigsten Informationsquellen der Bevölkerung. Die Gründe DAFür
waren und sind immer noch sowohl die niedrigen, für jeden
sozialschwachen Bürger verkraftbaren Preise als auch die
Möglichkeit, sich a) überall, b) um jede Uhrzeit, c) so
schnell und häufig man will und d) über nach eigenem Geschmack
[Flexibilität]
ausgewählte Themen zu informieren, was bei den in damaligen
Zeiten jungen Hauptkonkurrenten, Rundfunk und Film, nicht der
Fall war.
Gleichschaltung (1933- 1934)
Hitler blieben die immensen
Massenbeeinflussungsmöglichkeiten der Presse nicht verborgen.
Eine sogenannte Gleichschaltung (Vereinheitlichung und somit
Ausschaltung NS- fremder Elemente) begann schon am fünften Tag
nach der Machtübernahme der NSDAP
und endete für die Presse am 1. Januar 1934 mit dem Erlass des
Schriftleitergesetzes und der Entstehung eines neuen, vom
Staat gelenkten Nachrichtenbüros. Mit der Gleichschaltung der
Medien direkt nach der Machtergreifung bewies Hitler sein Gespür für die
Wichtigkeit der Medien in einem autoritären
Herrschaftsapparat.
Die Gleichschaltung verlief in allen kulturellen,
politischen und gesellschaftlichen Bereichen auf drei
Ebenen:
a) rechtlich- institutionelle Ebene
(„Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes“, in Kraft
getreten am 4.02.1933; „Verordnung zum Schutze von Volk und
Staat“, in Kraft getreten am 28.02.1933;
„Schriftleitergesetz“, in Kraft getreten am 1.01.1934.)
b) wirtschaftliche Ebene
(„Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens“, in
Kraft getreten am 26.03.1933; „ Gesetz über die Einziehung
volks- und staatsfeindlichen Vermögens, in Kraft getreten am
14.07.1933).
c) inhaltliche Ebene
(Gründung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und
Propaganda (RMVP) am 13.03.1933; Gründung der
Reichskulturkammer am 22.09.1933; Zwangsfusion zwischen dem
Wolffschen Telegraphenbüro (W.T.B.) und der Telegraphen Union
(TU) zum Deutschen Nachrichtenbüro GmbH (DNB) am
1.01.1934).
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das RMVP, das „Gehirn“
der neuen Pressekreatur, verfasste Meldungen, Anweisungen und
sogar erfundene bzw. stark verzerrte „Tatsachen“, die von den
Journalisten in ihren Zeitungen berücksichtigt werden mussten.
Diese wurden der „Zwischenstation“, DNB, mitgeteilt und
an Zeitungsverleger bzw. Redakteure weitergeleitet. Die
bedeutsamen und wohlhabenden Zeitungen, die ihre Informationen
aufgrund großer materieller Möglichkeiten durch eigene
Recherchen bekamen, waren verpflichtet an sogenannten „
Pressekonferenzen der Reichsregierung“ teilzunehmen, sodass
Befehle des RMVP auch sie erreichten. Nachdem das RMVP bzw.
das DNB den Inhalt [„was?“] und die Weise [„wie?“] vorgegeben hatten,
gelang die Propaganda zu den nach der Durchführung von
Gesetzen auf der wirtschaftlichen Ebene nationalisierten [Beseitigung von politischen
Differenzen] Verlagen. Nach internen Überarbeitungen
erreichten die NS- Informationen schließlich ihre
Endstation - die Journalisten. Diese nach dem
Schriftleitergesetz selektierten [„Elite!“] und in der
Pressekammer zusammengefassten [Kontrolle/ bessere
Organisation] Schriftleiter mussten trotz ihrer eigenen
Meinung, Einstellung und Weltanschauung die Befehle genau
befolgen. Für den Fall des möglichen Ungehorsams und
Widerstands gab es zahlreiche harte Strafen (Berufsverbot,
Ausschließung aus der Partei, KZ,
usw.), die viele Journalisten unter einen unvorstellbaren
Druck setzten. Nach dem Erscheinen der Zeitungen wurde der
Inhalt von der Reichspressekammer sorgfältig kontrolliert.
Falls eine Druckschrift die NS- Interessen gefährdete, konnte
man sie nach den Februarnotverordnungen entweder vorläufig
oder sogar für immer verbieten. Die Vollstreckung (z.B.
Beschlagnahmung) erfolgte oft durch SA-
Truppen, die zur Einschüchterung rohe Gewalt und Brutalität
einsetzten.
1934- 1938
Nach der Erschaffung eines gewaltigen
Massenbeeinflussungsinstruments war es an der Zeit dieses
einzusetzen. Wie oben schon erwähnt wurde, benutzte die
NS-Regierung ihre Druckschriften zur Verwirklichung sowohl der
innenpolitischen als auch der außenpolitischen Ziele.
Die innenpolitischen Ziele waren einerseits die endgültige
Ausschaltung der NS- Feinde (Kommunisten, Sozialdemokraten),
die schon durch die Gleichschaltungsgesetze stark geschwächt
wurden. Andererseits dienten die Druckschriften zur
Hasserzeugung in den Herzen deutscher Bürger. Dieser Hass
wurde gegen die Juden [kostenlose Arbeitskraft in KZs/
„Material“ für wissenschaftliche Experimente] und
später auch gegen Ausland (z.B. UdSSR, England) gerichtet.
Dadurch hatte Hitler die Mehrheit der Bevölkerung hinter seinem
Rücken und konnte, ohne Angst vor Widerstand zu haben,
problemlos seine bestialischen Ziele erreichen. Eine weitere
innenpolitische Aufgabe der Druckschriften bestand in der
Verherrlichung des Führers und der nationalsozialistischen
Ideologie. Mithilfe der gezielten Propaganda wurde Hitlers
Persönlichkeit durch den Medieneinfluss auf die für einen
Menschen unerreichbaren Höhen erhoben [ Hitler = Gott].
Außer den Angriffen auf die Feinde des Innensystems der
Regierung und der systematischen Aufbesserung des NS- Bildes
in Augen des Volkes hatte die Presse in den Jahren 1933-1937
eine andere wichtige Funktion. Während der Staat seit dem
Anfang seiner Herrschaft militärische Vorbereitungen traf,
sollte die deutsche Presse sowohl der Bevölkerung als auch dem
Ausland ihren „Willen zum Frieden“ vortäuschen. Die NSDAP
wurde in den deutschen Zeitungen als ein Friedensträger
dargestellt und die Zeitungen sollten den Eindruck schaffen,
dass die eigentliche Aufrüstung und Vorbereitung auf den Krieg
nichts anderes als eine Sicherheitsmaßnahme zur Festigung von
Deutschland war.
1939-1945
Als Hitler alle für einen Krieg notwendigen
Vorbereitung getroffen hatte, begann ein langsamer Kurswechsel
von „friedlicher“ Propaganda zur Kriegspropaganda, der schon
im Frühjahr 1939 abgeschlossen war. Das neue Opfer des
deutschen Kriegsfanatikers war diesmal Polen und der Angriff
sollte sowohl militärisch als auch psychologisch sorgfältig
vorbereitet werden. Zu den neuen Standartthemen der Presse
gehörte die von der Regierung erfundene Behauptung , dass
Deutschland von den Ländern, die in den deutschen Medien den
„Weltjudentum“, „Weltdemokratie“ und „Weltbolschewismus“
(diese Begriffe wurden in Deutschland fast zu Synonymen)
verkörperlichten, eingekreist wurde. Diese Länder waren den
Berichten der NS-Presse nach England, Frankreich, Erzrivale
UdSSR und sogar die von Deutschland weit entfernten USA. Die
Aufgabe dieser „Einkreisungspropaganda“ bestand in der
Erschaffung der ähnlichen Atmosphäre, die vor dem Ersten
Weltkrieg herrschte: Isolation „friedliches Deutschlands“ von
den „gierigen, unfairen Nachbarn“. Die Reaktion der
Bevölkerung, die von der Presse erzeugt werden sollte, waren
sowohl das Gefühl der Bedrohung von den westlichen
„Kriegstreibern“ ( so wurden sie in den Medien dargestellt)
als auch das Glauben an die Unvermeidlichkeit des von den
Feinden„aufgezwungenen Krieges“. Eine andere Parallele zur
Medienpolitik von 1914 waren die Presseversuche, eine ähnliche
Kriegsbegeisterung wie im Ersten Weltkrieg in der deutschen
Bevölkerung zu schaffen.
Am 23. März 1939 beschloss Hitler in einer Rede vor führenden Militärs,
Polen bei passender Gelegenheit anzugreifen. Die Presse
versuchte die Bevölkerung zu überzeugen, dass die polnische
Stadt Danzig, deren Bevölkerungsanteil an Deutschen ziemlich
hoch war, „heim ins Reich“ wolle. In seiner Rede erklärte
Hitler, dass „Danzig nicht das Objekt“ sei, „um das es geht.
Es handelt sich für uns um die Erweiterung des Lebensraums im
Osten“. Damit die Bevölkerung diese Unmenschlichkeit
akzeptierte, bekamen alle Medien schon vorher die Aufgabe,
Hitlers rassistische Ideologie durchzusetzen, die als ein
Grund bzw. Erklärung für solche Angriffe diente.
Später erschienen erfundene Meldungen über brutale
Misshandlungen der in Polen lebenden Deutschen, die schon bald
täglich alle Zeitungen überfluteten. Der Höhepunkt des
antipolnischen Propagandafeldzugs war erreicht, als die
Bevölkerung von der Medienbehauptung erschüttert wurde, dass
Polen einen Expansionskrieg gegen Deutschland vorbereitete.
Als es immer deutlicher gemacht wurde, dass ein Angriff auf
Polen unvermeidlich war, erschien in der Presse eine Anweisung
(die wie alle anderen auch befolgt werden musste),
die den Journalisten verbot, das Wort „Krieg“ in Bezug auf
Polen zu benutzen, da der Angriff von der Bevölkerung als eine
Polizeiaktion gesehen werden sollte. Kriegsfurcht der
Deutschen war die Ursache DAFür, was als ein Beweis für das Scheitern der
zur Kriegsbegeisterung eingesetzten Propaganda dient. Die
Schuld an den angeblichen Aktionen gegen Deutschland gab die
Presse allerdings dem „Kriegstreiber“ England, der als
Hauptgegner dargestellt wurde und sowohl Polen als auch andere
Länder durch Lügen „bekehrte“.
Nach diesem Propagandamuster wurden später auch andere
feindliche Länder verbal angegriffen. So stellten die NS-
Druckschriften den typischen Bewohner der UdSSR als einen
unzivilisierten, unterentwickelten, primitiven und hässlichen
Barbaren dar, sodass dadurch auch die „Unvermeidlichkeit“ des
Angriffs auf die Sowjetunion begründet werden konnte. Ein
anderes Ziel war die Vertreibung des Mitleids aus den Herzen
der Soldaten, für die es aus psychologischer Sicht einfacher
war, ein „bolschewistisches, sowjetisches Tier“ als einen
„Mitmenschen“ zu ermorden.
Ein in der Kriegszeit häufig auftretendes Medienphänomen
waren verzerrte bzw. erfundene militärische Artikel, die
ständig über Siege der deutschen Armee berichteten, was
allerdings sehr stark von der Realität abwich. Über deutsche
Niederlagen wurde dagegen fast gar nicht berichtet. Dies
sollte die Stimmung und die Standhaftigkeit der in Deutschland
gebliebenen und im Krieg leidenden Menschen verbessern. Sogar
als Hitler alle Aussichten auf Sieg verlor und der
Zweite Weltkrieg sich dem Ende näherte, erschienen in den
Zeitungen immer noch solche „NS- Fantasien“. Die Illusion
wurde allerdings beim Einmarsch sowjetischer Truppen in Berlin
komplett zerstört, wonach viele überraschte Deutsche erst
begannen das gigantische Ausmaß des Hitlerbetrugs
nachzuvollziehen.
Autor: Jegor
Tokarevich
Literatur
Deist, Wilhelm / Manfred Messerschmidt, Hans-Erich Volkmann
(Hrsg.): Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, 10
Bde., Bd.1, Ursachen und Voraussetzungen der deutschen
Kriegspolitik, München 1979.
Jaecker, Tobias: Journalismus im Dritten Reich, (http://www.jaecker.com/reich.htm).
Heiber, Helmut: Goebbels Reden. Band 1-4, München 1988.
Knopp, Guido: Der Jahrhundertkrieg, München 2001.
Longerich, Peter: Propagandisten im Krieg, München 1987.
Wulf, Joseph: Presse und Funk im Dritten Reich, Berlin
1983.
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