Schon früh erkannten die Nationalsozialisten die Bedeutung
des Films als eines "der modernsten
Massenbeeinflussungsmittel"(Joseph Goebbels). Bereits in der Weimarer
Republik - teilweise noch während der Stummfilmzeit - wurden
einige kurze Parteifilme über die frühen Parteitage,
Totenfeiern und Aufmärsche der NS-Formationen gedreht. Auch
Filme von Reden wichtiger NS-Führer (Adolf Hitler, Goebbels, Feder usw.) wurden
als "Wahlspots" auf Parteiveranstaltungen im ganzen Reich
eingesetzt. Aufgrund beschränkter finanzieller Mittel und der
amateurhaften Aufnahmetechnik gelang es den den
Nationalsozialisten aber nicht, ein größeres Publikum
anzusprechen.
Der staatliche Zugriff auf das Filmwesen Goebbels als oberster Filmherr
 |
Filmplakat Ich liebe die
Frauen. Quelle: LeMO: Lebendiges virtuelles Museum
Online- Deutsches Historische Museum und das Haus der
Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland. | Nach der " Machtergreifung" verstand es das
NS-Regime, das deutsche Filmwesen "zentral zu dirigieren und
es den politischen Absichten der Führung zu assimilieren."( Goebbels) Nach Errichtung des
"Reichsministeriums für Propaganda und Volksaufklärung" am 11.
März 1933 unter Joseph Goebbels begann der
institutionalisierte Zugriff auf den deutschen Film. Bereits
am 14. Juli 1933 wurde das "Gesetz über die Errichtung einer
vorläufigen Filmkammer" in Kraft gesetzt. In dieser
"Reichsfilmkammer" mußte jeder Filmschaffende - Drehbuchautor,
Schauspieler oder Regisseur, selbst Kinobesitzer - Mitglied
sein. Ein Ausschluß bedeutete faktisch Berufsverbot. Bereits
in den ersten Jahren der NS-Gewaltherrschaft wurden so
Tausende von Juden und politisch mißliebige Filmschaffende aus
der Filmbranche verbannt. Mit dem Lichtspielgesetz von 1934
konnte ein Film bereits verboten werden, wenn er "das
nationalsozialistische, religiöse, sittliche oder
künstlerische Empfinden" verletzte. Praktisch bedeutete dies
eine Generalermächtigung für die Machthaber, von der
grundsätzlich jeder Film bedroht sein konnte. Durch das neu
geschaffene Institut eines "Reichsfilmdramaturgen", dem alle
Drehbücher, Besetzungsvorschläge und sogar Projektplanungen
vor Verfilmung vorgelegt werden mußten, konnte das Regime
bereits die Entstehung der Filme steuern. Nachträgliche
Verbote, die sich nie ganz vor der Öffentlichkeit verbergen
ließen, sollten so weitgehend vermieden werden. Durch die
ebenfalls neue staatliche Filmkreditbank hatte das Regime ein
weiteres wirkungsvolles Instrument, indem nur konforme Filme
gefördert wurden. Ohne diese Förderung war die infolge der
Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre schwer angeschlagene
deutsche Filmindustrie kaum in der Lage Filme zu produzieren.
Goebbels, der sich selbst als "leidenschaftlicher Liebhaber
der filmischen Kunst" bezeichnete, machte sich 1935 mit einer
Änderung des Reichslichtspielgesetzes schließlich auch
persönlich zum obersten Filmherrn des Regimes: "Unabhängig von
dem Verfahren vor der Filmprüfstelle und der
Filmoberprüfstelle kann der Reichsminister für Volksaufklärung
und Propaganda (...) das Verbot eines Films aussprechen, wenn
er es aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohls für
erforderlich hält." Goebbels entschied nicht nur oft
persönlich über die Genehmigung von Filmen. Er beurteilte
Drehbücher, regt Stoffe zu Filmen an und beeinflußte
Besetzungspläne. NS-konforme Regisseure und Schauspieler wie
Veit Harlan, Carl Froelich oder Heinz Rühmann werden von ihm
oft persönlich protegiert. Kritische Stimmen dagegen mußten
mit Berufsverbot rechnen oder gar mit Verhaftung.
 |
Filmplakat "Jud Süß". Quelle:
LeMO: Lebendiges virtuelles Museum Online- Deutsches
Historische Museum und das Haus der Geschichte der
Bundesrepublik
Deutschland. | "Künstler", so Goebbels, "müssen sich den Gesetzen der
Ordnung und der nationalen Disziplin fügen; wenn sie das nicht
wollen, verlieren sie wie jeder andere Bürger den Kopf." Den
Schauspieler Robert Dorsay ließ er aufgrund einiger kritischer
Äußerungen in engerem Kreis verhaften und hinrichten. Selbst
ein durchaus regimekonformer Regisseur wie Herbert Selpin, der
den antienglischen Propagandastreifen "Titanic" dreht, wurde
einzelner wehrmachtskritischer Äußerungen verhaftet. Er starb
unter bisher nicht geklärten Umständen in seiner Zelle.
Parallel dazu verlief die Verstaatlichung der gesamten
Filmindustrie. Anfangs getarnt durch Aufkäufe mittels
staatseigener Scheinfirmen, später dann offen propagiert, war
Filmproduktion und Filmverleih ab 1937 teilweise, seit 1942
vollends im Staatsbesitz. Nicht verwirklicht werden konnten
dagegen Planungen, selbst die rund 5000 Kinos im Reich zu
kommunalisieren, das heißt unmittelbar der Kontrolle lokaler
NS-Herrscher zu unterwerfen. Damit möglichst das ganze Volk
der NS-Filmpropaganda ausgesetzt werden konnte, waren mehr als
1500 mobile Filmtrupps für das Regime in der kinolosen Provinz
unterwegs, um Propagandafilme auch in den entlegensten
Regionen zu zeigen. Sie stießen gerade hier auf ein besonders
dankbares Publikum, weil es hier kaum andere
Unterhaltungsangebote gab. Von NS-Organisationen, insbesondere
dem Winterhilfswerk wurden immer wieder
eintrittsfreie Kinoabende mit ausgewählten Filmen organisiert,
um auch die ärmeren Schichten anzusprechen. Speziell für die
Hitler-Jugend wurden
"Jugendfilmstunden" eingeführt. Später wurden überdies die
privaten Kinobetreiber von der Reichsfilmkammer verpflichtet,
soweit es die örtlichen Verhältnisse erlaubten, wenigstens
einmal monatlich ihre Kinosäle für diese Parteiveranstaltungen
zur Verfügung zu stellen. Allein in dem Berichtsjahr 1942/43 -
mitten im Krieg also - fanden mehr als 18.000 solcher
Vorführungen statt, die von rund 2,5 Millionen Mitgliedern von
HJ und BDM besucht wurden.
Propaganda im NS-Film
Insgesamt wurden während des "Dritten Reiches" rund 1200
Spielfilme produziert. Zusätzlich ein Vielfaches sogenannter
"Kulturfilme", kurze Sach- und Dokumentationsfilme über
verschiedene kulturelle, naturwissenschaftliche oder
allgemeine Themen. Ab 1934 war den Kinobesitzern verbindlich
vorgeschrieben, im Vorprogramm wenigstens einen Kulturfilm zu
zeigen. Diese hatten im NS-Propaganda-Konzept eine wichtige
Funktion. Nach außen objektiv und sachlich sich präsentierend
konnten so Themen wie Rassenlehre, Antisemitismus, Blut und Boden, aber
auch militärische Themen propagiert werden. Ebenfalls im
Vorprogramm verpflichtend war die Wochenschau, von Hitler wie Goebbels besonders in Kriegszeiten als
wirksamstes Propagandainstrument gehalten.
Inhalte und Themen in Filmen des Dritten Reiches
Partei- und Propagandafilme im engeren Sinne
|
Filmplakat "Carl Peters".
Quelle: LeMO: Lebendiges virtuelles Museum Online-
Deutsches Historische Museum und das Haus der Geschichte
der Bundesrepublik Deutschland. | Im
"Dritten Reich" wurden nur sehr wenige Filme produziert, die
unmittelbar die NS-Bewegung darstellten. Man kann diesen Typus
Film als "Hakenkreuzfilm" bezeichnen, weil in ihm die
NS-Symbolik direkt dargestellt wird. Schon 1933 kam ohne
vorhergehende Initiative der Partei der von der Bavaria
produzierte Streifen " SA-Mann Brand. Ein Bild aus unseren
Tagen" ins Kino. In eine dürftige Spielhandlung sind vor allem
reichlich Massenszenen und Aufmärsche eingebaut. Der Film
stieß bei Hitler und Goebbels allerdings auf weitgehende
Ablehnung. Die Propaganda schien ihnen allzu aufdringlich. Ein
anderer Film "Hans Westmar. Einer von vielen" stellte
pathetisch überhöht das Leben des frühen NS-Helden Horst
Wessel dar und fand ebenfalls keine besonders gute Beurteilung
in der NS-Führung. Lediglich der Spielfilm "Hitlerjunge Quex",
der an den ermordeten Hitlerjungen Herbert Norkus erinnerte,
fand eine bessere Bewertung. Filmisch durchaus geschickt
gemacht schildert er einen Eltern-Sohn-Konflikt. Der Sohn
eines überzeugten Kommunisten schließt sich der Hitlerjugend
an und stirbt schließlich für seinen Führer. Später kamen noch
vereinzelt weitere, etwas populärere Filme über die
Hitler-Jugend hinzu: "Kopf hoch Johannes" im Jahr 1940 und
"Junge Adler", im Mai 1944, der den Einsatz der Hitlerjugend
in der Kriegswirtschaft zeigte. Im Kino flopte der Streifen
weitgehend. Durch Krieg und Terror hatte das NS-Regime so sehr
an Kredit verloren, daß die Zuschauer wenigstens im Kino davon
verschont sein wollten.
Triumph des Willens
Eine Sonderstellung nahmen die Parteitagsfilme ein, die
formal dokumentarisch über die Nürnberger Reichsparteitage
berichten, tatsächlich aber als abendfüllende Kino-Filme große
propagandistische Wirkung entfalteten. Zwei umfassende
Spielfilme wurden von der jungen Regisseurin Leni Riefenstahl
gedreht: 1933 "Sieg des Glauben" und 1934 den berüchtigten
"Triumph des Willens", der während des Dritten Reiches
unzählige Mal -selbst in abgelegenen ländlichen Regionen
gezeigt wurde. Hitler, der bereits in der
Eingangssequenz beinahe gottgleich mit seinem Junkersflugzeug
durch die Wolken in das mit Hakenkreuzen drapierte
mittelalterliche Nürnberg einschwebt, wird in diesem Film als
Erlöser, Feldherr und Führer inszeniert. Kameraperspektiven
von unten zeigen ihn erhöht, mitunter auch in nächtlichen
Dunkel strahlend beleuchtet. Die pompös inszenierten
Aufmarschszenen von Wehrmacht, Hitlerjugend, Arbeitsdienst
hatten ebenso wie die Bilder vom vermeintlich entspannten
Zeltlagerleben einen einzigen Zweck: Dem Kinozuschauer sollte
das Bild einer geschlossen hinter ihrem "Führer" stehenden
Volksgemeinschaft suggeriert werden.
Propagierung des Führerprinzips
Ein festes Ideologem des Nationalsozialismus war die Vorstellung
einer natürlichen Hierarchie unter den Menschen, nach der es
grundsätzlich Führer und Geführte geben muß. Der natürliche
Führer setzt sich dabei unabhängig von Ausbildung, Herkunft
etc. gegen alle Widerstände durch. Allein durch seinen Willen
und Glauben bringt er sich in diese Position. In zahllosen
nationalsozialistischen Spielfilmen werden dem Zuschauer
solche Führergestalten - Politiker, Militärs, Ärzte, Künstler
- vorgeführt. Ohne daß explizite Bezüge zur NS-Gegenwart
hergestellt wurden, konnte die NS-Propaganda sicher sein, daß
durch diese unterschwellige Darstellung der Zuschauer das
Führerprinzip gewissermaßen von selbst als natürlich empfinden
und ganz alleine Bezüge zur Gegenwart herstellen würde.
"Robert Koch - Bekämpfer des Todes", dargestellt vom
NS-Vorzeigeschauspieler Emil Jannings, kämpft gegen eine
konservativ-spießige Ärzteschaft und Umgebung für seine
Entdeckung des Tuberkelbazillus und der Entwicklung eines
Impfstoffs. Todesmutig und ohne je Zweifel an seiner Mission
zu haben, probiert Robert Koch den Impfstoffe sogar an sich
selbst aus und setzt sich gegen alle Widerstände durch:
Triumph des Willens an einem Beispiel. Gedreht 1939 bereits in
der Stimmung der geistigen Mobilmachung spart der Film auch
nicht mit militärischer und martialischer Sprache im "Kampf"
und "Sieg" gegen die Krankheit. Ein anderer dieser Filme zeigt
den spätmittelalterlichen Arzt Paracelus ebenfalls in der
Rolle eines sich gegen alle Widerstände durchsetzenden
Kämpfers. Diesem gelingt es gegen das etablierte Bürgertum das
einfache Volk auf seine Seite zu bringen. In einer
Schlußsequenz hält der "Führer Paracelsus" dann auch eine
pathetische Rede auf die Bedeutung der Volksgemeinschaft und
dem Versprechen, sich immer für sein Volk einzusetzen. Weitere
"Persönlichkeitsfilme" heroisieren Mozart, Schiller, Rudolf
Diesel. Explizit politische Führer werden gezeigt in "Der
große König" - über Friedrich II. und in "Die Entlassung" über
Reichskanzler Bismarck. Das Schema bleibt das gleiche. Der
willensstarke Einzelne überwindet alle Widerstände und rettet
sein Volk. Auffällig und in der Filmforschung bislang wenig
beachtet wurde, daß die Führerfiguren in diesen Filmen nur
selten dem propagierten nordischen Rasseideal entsprachen. Der
massige von Emil Jannings gespielte Robert Koch so wenig wie
der kleine und dickbäuchige Paracelsus oder wie Bismarck mit
Glatze und Bauansatz. Das war weniger ein Zugeständnis an die
aktuelle NS-Führung, die von Göring über Goebbels bis zu Hitler ebenfalls kaum dem Rasseideal
entsprach. Der Grund dürfte ein anderer gewesen sein: Während
das Volk, das als Material der Formierung der
Volksgemeinschaft vor allem durch Rasse bestimmt gedacht
wurde, war das entscheidende Kriterium des Führers nicht
äußerliche rassischen Attribute, sondern sein unbezwingbarer
Wille, mit der andere bestimmt und und weltanschaulich
"formatiert" (Goebbels). Im berühmten Film "Geierwally",
inszeniert von Hans Steinhoff, der bereits vor 1933 für die NSDAP aktiv war, kann sogar eine Frau
die starke Rolle übernehmen. Sie setzt sich gegen alle
Widerstände in ihrem Dorf durch und heiratet sogar den Mann,
den sie will. Die Inszenierung der starken Frauen schien den
Machthabern jetzt kriegswichtig. Die Männer waren im Krieg und
die Frauen mußten "in selbstverständlicher Pflichterfüllung
den Platz der Männer in der Heimat einnehmen" (O-Ton
NS-Wochenschau)
Obwohl der Antisemitismus ein Kernbestandteil der
nationalsozialistischen Ideologie war, dauerte es bis zum
Kriegsbeginn, bis ausgesprochen antisemitische Langfilme
gemacht wurden: Die Spielfilme "Leinen aus Irland", "Jud Süß"
und "Die Rothschild" sowie der sich als Dokumentar- und
Wissenschaftsfilm gebende antisemitische Hetzstreifen "Der
Ewige Jude". Alle Filme bedienten das gleiche antisemitische
Klischee, wie es von Goebbels und Streicher bereits in der Weimarer
Republik vertreten wurde. Danach war das Judentum keine
Religion, sondern eine minderwertige Rasse, die die
Kulturvölker, zumal das deutsche von innen heraus zu zersetzen
versuchten. Juden waren demnach besonders häufig Verbrecher,
sie waren für den Marxismus und Bolschewismus verantwortlich
und besetzten im Staat und Wirtschaft Schlüsselpositionen,
wenn man sie nicht dran hinderte.
Auch die massenweise Ermordung geistig behinderter
Menschen, euphemistisch " Euthanasie" genannt, wurde im Spielfilm
thematisiert. Der vom Regisseur Wolfgang Liebeneiner
inszenierte Film "Ich klage an" von 1941 sollte den immer noch
vorhandenen und vor allem in katholischen Kreisen starken
Widerstand aufbrechen. Eine unheilbar an Multiple Sklerose
erkrankte Frau erhält auf ihr inständiges Bitten von ihrem
Mann - einem Arzt - einen tödlichen Trank und wird damit von
ihrem Leiden erlöst. Ein anschließender Mordprozeß gegen den
Arzt dient dem Film dazu, suggestiv die Argumente für eine
aktive Sterbehilfe nahezubringen. Goebbels erkannte richtig, daß hier ein
Einfallstor für die Vermittlung der geistig Behinderten
darstellt. Man mußte nur noch vermitteln, daß diese ebenfalls
arme, leidende Menschen sind, die man erlösen muß. Goebbels
lobt denn auch den Film: "Ein richtiger Diskussionsfilm.
Großartig gemacht und ganz nationalsozialistisch." Schon 1936
und 1939 hatten die "Dokumentarfilme "Erbkrank" und "Opfer der
Vergangenheit" das Kinopublikum auf die Vernichtung
"lebensunwerten Lebens" vorbereitet. Worum es Goebbels bei
dieser Art der Filmpropaganda ging, sprach er offen aus: daß
"uns die Liquidierung dieser nicht mehr lebensfähigen Menschen
psychologisch etwas leichter gemacht wird."
Feindpropaganda und Kriegspropaganda
Spätestens mit Kriegsbeginn wurde es für die Filmpropaganda
im Spielfilm wichtig, auch Militärisches als solches zu
verherrlichen und Stimmung gegen die Feinde aufzubauen. Der
militärischen Bedeutung entsprechend spielten vor allem
antienglische und antirussische Streifen eine Rolle. Die
Entwicklung antienglischer Stoffe ging auf eine Direktive Goebbels vom September 1939 zurück. In
"Ohm Krüger" - in der Hauptrolle wiederum Emil Jannings - wird
in brutalsten Bildern die Grausamkeit der englischen
Kolonialherrschaft im Burenkrieg gezeigt. Massenerschießungen
von Frauen zeigen die Grausamkeit der Engländer und Missionare
mit Gewehren bedienen antiklerikale Ressentiments. Im von
Herbert Selpin gedrehten Streifen "Titanic" von 1942 wird die
englische Gesellschaft dominiert von Spekulanten, Gaunern und
Betrüger. Der - jüdische - Eigner des Schiffes riskiert bewußt
das Schicksal der Titanic in der verantwortungslosen Jagd auf
Rekorde. Die einzige Lichtgestalt auf diesem Schiff ist ein
deutscher Offizier der unter Todesverachtung ein Kind vor dem
Ertrinken rettet. Antirussische Filme werden bereits in der
Vorkriegsphase produziert. In "Weiße Sklaven"(1936) werden die
Grausamkeiten der Bolschewisten in der Revolution 1917
gezeigt. In "Friesennot" leidet eine kleine Gemeinschaft von
Wolgadeutschen unter der Brutalität der russischen Machthaber.
Andererseits wurden in zahlreichen Filmen die deutschen
militärischen Leistungen verherrlicht. Vor allem in der
Frühphase der Krieges wird dieser primär als ein kurzweiliges
Abenteuer dargestellt, das den Draufgänger idealisiert, der
dank seines Mutes alle Gefahren meistert. Tatsächliches Risiko
und Leid werden verschwiegen. "U-Boote westwärts", "Stukas",
"Spähtrupp Hallgarten gehörten in diese Rubrik. Den deutschen
Zuschauern wurde die Überlegenheit der eigenen Wehrmacht so
vor Augen geführt und Siegeszuversicht gefördert.
Durchhaltefilme
Spätestens 1942 war klar, daß der Krieg nicht mit einem
schnellen Sieg mehr zu beenden war und nach Stalingrad war
auch für Goebbels eine endgültige Niederlage
nicht mehr völlig auszuschließen. Der Unterhaltungs- und
Spielfilm bekam jetzt verstärkt die Aufgabe, den
Durchhaltewillen der Bevölkerung zu stärken - vorwiegend durch
das Exempel historischer Gestalten. In "Der große König" wird
der Preußen-König - die gewünschte Analogie zum Führer Hitler sollte jeder Kinobesucher
intuitiv selbst herstellen - als jemand dargestellt, der
trotzt militärischer Niederlagen und Zweifrontenkrieg nicht an
seinem Weg zweifelt und schließlich die preußische Nation zum
Sieg führt. Bereits im Sommer 1943 - wenige Wochen nach
Stalingrad plante Goebbels einen Durchhaltefilm - er rechnete
mit einer weiteren Verschlechterung der militärischen Lage,
der als letzter Propagandafilm noch Anfang 1945 in die Kinos
kam. Jedenfalls dort, wo in den zerbombten Städten überhaupt
noch spielfähige Kinos standen: "Kolberg". Das pommersche
Städtchen steht im Mittelpunkt einer Handlung der preußischen
Geschichte, als es von den Feinden belagert wird. Der Führer
der örtlichen Bürgerwehr Nettelbeck (Heinrich George) rettet
schließlich Kolberg. Durchhalteparolen und riesige monumentale
Schlachtszenen bestimmen den Film. Als das reale Kolberg von
den Russen dann besetzt wird, läßt Goebbels diese Meldung
unterdrücken: "Wir können das angesichts der starken
psychologischen Folgen für den Kolberg-Film augenblicklich
nicht gebrauchen."
Propaganda in der Komödie
90% der während des Dritten Reiches produzierten Filme
gehörten dem Genre der Komödie, des Musikfilms und der
leichten Unterhaltung an. Die frühere Filmforschung sah in
diesen sogenannten H-Filmen (Heitere Filme und Musikstreifen)
keine Propaganda. Allenfalls indirekt hätten sie dem Regime
gedient, weil sie von den Sorgen und Problemen die Menschen
ablenkten. Genauere Analysen zeigen jedoch: Unterhaltungsfilme
dienten - gerade weil das Publikum hier keine politischen
Inhalte erwartete - als besonders wirkungsvolle Mittel,
Propaganda effektiv zu transportieren. Die Unterhaltung stehe
"nicht am Rande des öffentlichen Geschehens" und könne "sich
nicht den Aufgabenstellungen der politischen Führung
entziehen," so Goebbels schon 1934. Als Beispiel
sollen hier die beliebten Heinz-Rühmann-Komödien dienen, die
bis heute - fälschlicherweise - als Muster unpolitischen
Unterhaltungsfilm gelten. In "Hauptsache glücklich" von 1941
beobachtet Rühmann als kleiner Angestellter, wie seine
Vorgesetzten die Firma mit falschen Spesenrechnungen betrügen
und ihn selbst überdies ständig schikanieren. Der Mißmut der
Bevölkerung über Parteibonzen und Verwaltungsfunktionäre wird
hier raffiniert transponiert in das politisch unverfängliche
Milieu eines Betriebes. Nach einer Kette komödiantischer
Verwicklungen kommt Rühmann zum Direktor der Firma, der zuvor
- wie der "Führer" Hitler im Staat - ihm unnahbar fern
erschien. In einer Art verzweifelten Mutes klagt er ihm die
korrupten Verhaltensweisen der Abteilungsleiter. Der Direktor
ist erschüttert, die Abteilungsleiter werden gefeuert und
Rühmann wird selbst befördert. Für die Zeitgenossen ist auch
die Anspielung offenkundig: Der Direktor der Firma figuriert
als Metapher für den "Führer" selbst und diesem ist auch der
kleine Volksgenosse wichtig - wenn er nur von dessen Problemen
immer erfahren würde. Im noch heute populären Rühmann-Film,
"Quax, der Bruchpilot" werden Zuschauer vordergründig durch
allerlei Eskapaden und komödiantische Flugeinlagen
unterhalten. Der Flieger, suggeriert der Film in einer Szene,
als Quax improvisiert auf dem Marktplatz landet und von
Hunderten von Menschen umjubelt wird, wird allgemein
bewundert. Die Werbung fürs Fliegen und für
Fliegerkameradschaft hatte ihren Grund: Hitler hatte gerade
die Sowjetunion überfallen und braucht dringend
Fliegernachwuchs für die Luftwaffe. Als 1939 der Krieg beginnt
und der Slogan "Der Führer braucht Soldaten" gilt, darf
Rühmann in "Hurra, ich bin Papa" ein Loblied auf reichen
Kindersegen spielen. "Kein besonders guter Rühmann-Film",
kommentiert Goebbels trocken, "aber für den Krieg schon zu
gebrauchen." Daß die Rühmann-Komödien auf
nationalsozialistischer Linie waren, DAFür sorgte nicht zuletzt der
Regisseur vieler dieser Filme: Carl Froelich, Mitglied der NSDAP und Präsident der
Reichsfilmkammer. Froelich zeichnet verantwortlich auch für
einen der furchtbarsten Rühmann-Filme, in dem die Komödie in
Schrecken und offene Drohung umschlägt: "Der Gasmann", aus dem
Jahre 1941. Hier spielt Rühmann einen kleinen Gasableser, der
durch einen Zufall an viel Geld kommt. Ein Unbekannter kauft
im Zug gegen eine horrende Summe seinen Anzug ab, während
dieser mit dem Schlafanzug vorliebnehmen muß. Zunächst können
sich die Zuschauer sich an der Komik eines Rühmanns erfreuen,
der im Schlafanzug durch das großstädtische und belebte Berlin
nach Hause schleicht. Seine Frau verwendet den überraschenden
Geldsegen für den Kauf unnötiger Luxusgüter. Die Nachbarn
werden mißtrauisch und denunzieren den kleinen Gasableser bei
den Behörden. Als daraufhin Gestapo-Beamte in der Wohnung
auftauchen, dürfte wohl jedem Zuschauer das Lachen vergangen
sein. Die Beamten glauben ihm seine Geschichte vom Mann im Zug
nicht und verdächtigen ihn, das viele Geld von einem Ausländer
bekommen zu haben. Als Beamter wisse er ja manches, was das
Ausland interessieren könne. Das war Spionage und darauf stand
die Todesstrafe. Für die "Volksgenossen" im Kino eine
unübersehbare Warnung. Der Film unterstreicht die politische
Stoßrichtung noch dadurch, daß - untypisch für Filme des
Dritten Reiches - die Protagonisten mit " Heil Hitler" grüßen.
Das Ende der Filmindustrie
Seit Herbst 1944 mit fortschreitendem Kriegsgeschehen
verschlechterten sich die Produktionsbedingungen für Filme
immer mehr. Zahlreiche Studioanlagen nicht nur in den
besetzten Gebieten waren verlorengegangen und zerstört,
Filmmaterial war zunehmend schwer zu besorgen. Außenaufnahmen
in deutschen Großstädten war aufgrund der großen Zerstörung
nicht mehr machbar. Und nicht zuletzt waren zahlreiche Kinos
zerstört. Goebbels versuchte dies - die
Filmwirtschaft hielt er für kriegswichtig - bis zuletzt mit
improvisierten Lichtspielplätzen auszugleichen - mitunter
wurden Leinwände zwischen den Ruinen aufgehängt. Selbst Pläne
für abendfüllende Spielfilme wurden noch gemacht. Zuletzt
forderte Goebbels einen Film, der "eine Berliner Bombennacht
in einem Haus im Hansaviertel schildert". Auch einen zynischen
Titel für das nie realisierte Projekt hatte Goebbels parat:
"Das Leben geht weiter."
Autor: Dr.
Bernd Kleinhans
Literatur
Becker, Wolfgang: Film und Herrschaft.
Organisationsprinzipien und Organisationsstrukturen der
nationalsozialistischen Filmpropaganda, Berlin 1973
Benz, Wolfgang / Hermann Graml /Hermann Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus,
München 1997.
Benz, Wigbert / Bernd Bredemeyer / Klaus
Fieberg: Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg.
Beiträge, Materialien Dokumente. CD-Rom, Braunschweig
2004.
Hanna-Daoud, Thomas: Die NSDAP und der Film bis zur Machtergreifung, Köln, Weimar und Wien
1996 (Medien in Geschichte und Gegenwart Bd. 4)
Hoffmann, Hilmar: "Und die Fahne führt uns in die
Ewigkeit". Propaganda im NS-Film, Frankfurt a.M. 1988
Kleinhans, Bernd: Ein Volk, ein Reich ein Kino. Lichtspiel in der
braunen Provinz, Köln 2003
Mannes, Stefan: Antisemitismus im nationalsozialistischen
Propagandafilm Der ewige Jude und Jud Süß, Köln 1999
Moeller, Felix: Der Filmminister. Goebbels und der Film im
Dritten Reich, Berlin 1998
Der Film als Propagandainstrument Joseph
Goebbels'. Constanze Quanz. Köln 2000.
Witte, Karsten: Lachende Erben, Toller Tag. Filmkomödie im
Dritten Reich, Berlin 1995 |